2021 haben wir 6 neue Sifu-Ernennungen vorgenommen. Soll das jetzt eine Titel-Inflation in Form einer Belohnungsorgie sein? Nein – ganz sicher nicht! Wer die wahren Gründe und Begebenheiten für Maßnahme und unsere Entscheidung wissen möchte, kann dies in diesem News-Artikel lesen.

Neue Sifu-Ernennungen 2021

Neue Sifu-Ernennungen 2021

Neue Sifu-Ernennungen 2021

news: neue Sifus

EWTO-Gründer, Verbandsleiter und Chreftrainer Sifu Keith Kernspecht hatte mit Wirklung zum 18.02.2021 unsere Schüler Michael Zenz, André Schütte, Christian Günter, René Reinhardt, Lars Kolberg und Christoph Drodt zum „Sifu of WingTsun“ ernannt.

Wer Sifu Heiko Martin und mich kennt, weiß, dass wir viel Wert auf unsere WingTsun-Tradition legen und dass wir in den vergangenen 20 Jahren mit der Sifu-Titel-Vergabe wirklich nicht inflationär umgegangen sind, weil dieser Ehentitel für uns eine tiefere Bedeutung und einen höheren Wert mit sich führt.

In den vergangen Jahren war es einzig unser Schüler und Schulleiter von Mayen – Thorsten Heiligensetzer – der aufgrund unserem Dafürhalten diesen Titel verliehen bekam.

Warum dann plötzlich 6 neue Sifus an der Zahl in so kurzer Zeit?

Sifu Heiko und ich haben uns Ende vergangenen Jahres – auch im Angesicht der Corona-Lockdowns – zusammen überlegt und waren uns einig, welchen hohen Wert manch einer unsere Schulleiter und Unterrichtsvertreter für unsere Akademien hat.

Dazu zählt unter anderem

  • die teils schon sehr langjährige Dauer der Mitgliedschaft
  • die erbrachten Traininsleistungen (Disziplin)
  • das Wirken als Vorbild und Ausbilder / Lehrer
  • Zuträglichkeit und besonderes Engagement in der gemeinsamen Sache

aber insbesondere charakterliche Qualitäten, wie z.B.

  • Loyalität
  • Ehrlichkeit
  • Verlässlichkeit
  • Verantwortungsbewusstsein
  • Umgänglichkeit
  • Bescheidenheit
  • Integrität
  • Authentizität

Und vor allem bedeutet die Verleihung des Ehrentitels „Sifu of WingTsun“ nicht einfach nur eine Ehren- und Dankesbekundung im Sinne einer Belohnung. Nein – viel mehr bedeutet der Sifu-Titel eine besondere Verpflichtung in der Sache.

So war es uns wichtig, einschätzen zu können, dass die 6 neuen Sifus in der Lage sind, ihrer Verantwortung auch weiterhin und ab jetzt sogar in besonderer Weise beständig gerecht werden zu können.

Davon abgesehen bedarf es auch der Erfüllung formaler Auflagen, um in der EWTO durch unseren Großmeister Prof. Dr. Keith Kernspecht zum Sifu ernannt zu werden, wie z.B. eine Mindestdauer der Mitgliedschaft in der EWTO, Mindestgraduierung, diverse spezielle Fortbildungen / Qualifikationen (EWTO-Trainer 4-Seminare), eigene mittlerweile zum Lehrergrad hervorgebrachte Schüler bzw. die Unterstützung als solche, etc.

Aber insbesondere bedarf es einer Nominierung und damit ausdrücklicher Empfehlung – ausgesprochen durch die eigenen Lehrer / den eigenen SiFu- , die Sifu Heiko und ich aus den oben genannten und bereits unter Beweis gestellten Aspekten heraus wohlüberlegt ausgesprochen haben.

Keiner der genannten 6 neuen Sifus hatte vorher einen vermeintlichen Anspruch auf den Sifu-Titel formuliert und jeder einzelne zeigte sich völlig überrascht und teils zeitweise sogar sprachlos und verlegen, als er mit unserem Vorhaben konfrontiert wurde. Die meisten von ihnen offenbarten mit im persönlichen Gespräch, dass er schon mal heimlich davon geträumt hätten, mal Sifu zu werden, … aber diesen Zeitpunkt in den kommenden Jahren noch lange nicht erwartet hätten.

 

Leider war es uns aufgrund der Kontaktbeschränkungen im Februar und auch in den Folgemonaten nicht möglich, eine offizielle Ernennung mit Urkunden-Übergabe zu zelebrieren.

Daher haben Sifu Heiko und ich uns überlegt, die triste Zeit des verbleibenden Lockdowns im April / Mai dazu zu nutzen, die Ernennungen im wöchentlichen Abstand über die sozialen Medien (E-Mail / Mitglieder-Wochenmail, Facebook, Instagram) zu publizieren und in der (so nicht wirklich benannten) „Sifu der Woche“-Kolumne zu jedem einzelnen auch noch persönliche Worte zu finden und so über 6 Wochen lang in der tristen Lockdownzeit immer eine schöne und motivierende  Nachricht verbreiten zu können.

Wir waren alle überwältigt von den lieben und netten Reaktionen und Glückwünschen, die gezeigt haben, dass Sifu Heikos und meine Entscheidung vielfältigst bestätigt wurde.

Erst Mitte August konnten wir die Möglichkeit ergreifen bei unserem Sommerfest und „thanks-4-loyality“-Event (für unsere Mitglieder) die offizielle Sifu-Urkunden-Übergabe stellvertretend für Großmeister Keith Kernspecht vorzunehmen und im gemeinsamen Rahmen die Ernennung zu feiern.

Neue Sifus in der EWTO-Akademie – was nun?

  • Wo kommt das her?
  • Was bedeutet das für denjenigen?
  • Was bedeutet das für Schüler, Trainingskollegen und Lehrer?
  • Was ändert sich?

Dieser Beitrag bzw. die enthaltenen Abschnitte zum Aufklappen soll(en) genau diese Fragen etwas beleuchten.

Historische Sifu-Bedeutung
Das chinesische KungFu und insbesondere der WingTsun-Stil verwendeten schon seit jeher familiäre Anreden unter Schülern und Lehrern.

Der Lehrer der Schule war der „Sifu“, was wörtlich übersetzt soviel wie „Vater (-Lehrer)“ bedeutet. Die älteren männlichen Mitschüler wurden „SiHing“ (älterer Bruder) genannt und die älteren weiblichen erhielten die Andrede „SiJe“ (ältere Schwester). Es sei darauf hingewiesen, dass in diesem Zusammenhang das „älter“ nicht zwangsläufig mit dem Lebensalter zu tun hat, sondern mit den „Dienstjahren“, d.h. „älter“ war der oder die, wer länger mit dabei war. Der älteste (in der Tradition höchststehende) Mitschüler im Raum war der DaiSihing (= ältester, ranghögster SiHing).

Diese Tradition wurde uns durch unseren WingTsun-Stil-Begründer Großmeister Leung Ting mitgegeben und dies wurde und wird auch heute noch in der EWTO weitergepflegt (zumindest in Schulen, in denen die Tradition noch hochgehalten wird).

Der Sifu-Titel in der IWTA | International WingTsun Association nach Großmeister Leung Ting
Im Leung Ting-WingTsun-Stil, aber eben auch in der EWTO konnte und kann man nicht einfach seine eigene Schule eröffnen und sich dann Sifu nennen.

Das Privileg, „Sifu of WingTsun“ wird einem verliehen.
Grundsätzlich gab es Ende der 70er Jahre, als sich die EWTO im Aufbau befand, noch bei weitem nicht in jeder möglichen Stadt in Deutschland eine EWTO-Schule. Einige Pioniere reisten regelmäßig zu Europa-Cheftrainer Großmeister K. Kernspecht nach Kiel oder Heidelberg und trugen das Gelernte in ihre örtlichen Gruppen und Schulen. Man durfte anfangs mit niedriger Schülergraduierung bereits eine Schule eröffnen und war damit der verlängerte Arm Sifu Kernspechts.

Wer gewisse formalen Anforderungen (bestimmte Mindestgraduierung, Mindestanzahl von eigenen Schülern, die man zum Lehrergrad geführt hat, Mindestanzahl von Schülern in der eigenen Schule, …) und die persönliche charakterliche Eignung erfüllte, konnte von Sifu Kernspecht den Ehrentitel „Sifu of WingTsun“ verliehen bekommen und erhielt damit die Erlaubnis, eine „eigene Generation“ zu gründen. War man bis dahin „nur“ der ältere Bruder in der Schule und war Sifu Kernspecht der eigene SiFu der jüngeren Mitschüler, so war man selbst ab diesem Zeitpunkt für die, die neu in die Schule eintraten, der persönliche Sifu der Schule.

Wer die Lehrergrad-Ausbildung absolvierte, tat dies, um selbst einmal eine eigene Schule zu eröffnen und in der Hoffnung, vielleicht selbst einmal zum Sifu ernannt zu werden.

Der Sifu-Titel in der EWTO nach Großmeister Keith Kernspecht
Mittlerweile wuchs die EWTO derart rasant und an Mitgliederzahlen an, dass fast in jeder größeren Stadt eine EWTO-Schule vorhanden war.

Und neben der Tatsache, dass es gar nicht für jeden, der die Schülerprogramme erfolgreich absolviert hat, überhaupt noch potentielle unbelegte Städte für eine eigene Schuleröffnung gab / gibt, so betreibt die überwiegende Zahl der EWTO-Mitglieder die Kamfpkunst als Hobby und nicht als professionellen Beruf. Und auch die Hobbyisten machen technische Fortschritte und haben Zugang bis zu den höchsten Meisterprogrammen, was anfangs nur Schulleitern vorbehalten war.

Heute muss man keine eigene Schule mehr leiten, um ein Sifu werden zu können. Es gibt immer noch formale Voraussetzungen (u.a. Mindestgraduierung, bestimmte Zusatzqualifikationen, …) und es bedarf nach wie vor der persönlichen Empfehlung durch den eigenen Sifu.

Infrage kommt diese Ehrung in aller Regel für WingTsun-Lehrer, die besondere Treue unter Beweis gestellt haben und die besonderen Einsatz und besondere charakterliche Eignung und Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit (Mit-) Schülern zeigen.

Der Sifu-Titel ist nach wie vor keine Graduierung und kann und sollte auch nicht eingefordert werden.

Hat ein Sifu mind. 6 eigene Sifus unter seinen Schülern hervorgebracht, so darf er sich innerhalb des Kontext der EWTO als „Dai-Sifu“ bezeichnen.

Sifu, Si-Fu oder SiFu? Was stimmt denn jetzt?
In der IWTA und in der EWTO gibt es folgende Verfahrensweisen:

  • Si-Fu ist die Anrede an den persönlichen Sifu, wie er im eigenen EWTO-Ausweis vermerkt ist.
  • SiFu ist die von Sifu Kernspecht eingeführte Kurzschreibweise, die ursprünglich nur innerhalb der EWTO verwendet wurde, Diese Schreibweise ist synonym zu Si-Fu.
  • Sifu ist die allgemeine Schreibweise, die i.d.R. mit einem Nameszusatz verwendet wird, wie z.B. Sifu Kernspecht.

Die Regelungen der Ansprache an einen Sifu-Titel-Träger in der EWTO:

  • Da Sifu Name_des_Sifu die allgemeine Ansprache ist , wird dieser Name i.A. verwendet, wenn die genaue (wingtsun-) familiäre Beziehung zueinander nicht bekannt ist. Dies ist die einfachste und allgemeingültigste Anspracheform.
  • Wie oben beschrieben wird die Ansprache „SiFu“ gegenüber demjenigen verwendet, der der eigene im EWTO-Ausweis eingetragene Sifu ist.

Was ändert sich nun für mich, wenn ein Mitglied neu zum Sifu geehrt wird?

Als ich im Jahr 1988 Sifu Heiko Martin kennenlernte und 1989 in seine WingTsun-Schule als Schüler eintrat, hatte er noch keinen Sifu-Titel. Da Sifu Kernspecht mein im EWTO-Ausweis eingetragener SiFu ist, war Sifu Heiko mein „SiHing“ (mein älterer (KungFu-) Bruder).

Und wenn nach meinem Eintritt neue Schüler in seine Schule eingetreten sind, war ich (auch) deren SiHing (älterer Bruder).

Im Jahr 1992 wurde Sifu Heiko Martin von unserem gemeinsamen SiFu (Großmeister Kernspecht) selbst zum „Sifu of WingTsun“ ernannt. Ab diesem Zeitpunkt waren alle neuen Schüler unserer Schulen automatisch seine ToDais und er war ihr Sifu.

Was hat sich nun für wen dabei geändert? Für diese neuen Schüler war ich ab dann nicht der SiHing, sondern der SiSuk, da ich nach WT-Tradition der jüngere Bruder des Vaters / Sifus bin – aber nur für die neuen Mitglieder!

Wie im richtigen Familienleben bleibt mein großer Bruder immer noch mein Bruder, auch wenn er mittlerweile selbst Vater wird. Das ändert ja am formalen Beziehungsverhältnis zwischen mir und meinem Bruder nichts.

So spreche ich Sifu Heiko Martin auch heute noch mit „SiHing“ an und die jüngeren Mitschüler, die mich vor seiner Sifu-Ernennung mit „SiHing“ angesprochen haben, tun dies auch heute noch. D.h. ich bin für einige der SiHing, für andere der SiSuk und obendrein seit meiner eigenen Sifu-Ernennung im Jahr 2001 der „SiFu“ für die Schüler, die ab diesem Zeitpunkt in meine Schule eingetreten sind.

Das mag anfangs etwas verwirrend sein. Hat man sich das Grundprinzip aber einmal klargemacht, dann ist es eigentlich ganz einfach.

 

Wie nun die neuen Sifus korrekt ansprechen?

Was ändert sich nun für Euch, die Ihr alle vor der Sifu-Ernennung von Michael Zenz, André Schütte und Christian Günter etc. bereits Mitglieder unserer Schulen gewesen seid?

Es ändert sich für Euch eigentlich gar nichts. Wenn Ihr sie vorher mit „SiHing“ oder einer anderen persönlichen Familienbezeichnung („SiSuk„, …) angesprochen habt, könnt Ihr dies ruhig weiterhin tun, da sich ja in Eurem persönlichen „WingTsun-Familienverhältnis“ nichts geändert hat.

Möchte Ihr aber die Sifu-Ernennung zum Anlass nehmen, dieser Ehre besondere Anerkennung zu zollen, könnt bzw. dürft Ihr auch ganz allgemein Sifu Michael,  Sifu Andre, Sifu Christian etc. verwenden. Das ist aber keine Pflicht!

Erst wenn sie eine eigene Schule leiten und dann neue Mitglieder bekommen, dann werden sie für diese der „SiFu“ sein.

Wer sich für weitere ähnliche Themen / Informationen interessiert kann hier weiterlesen:

Allgemeine Informationen über die WingTsun-Familientradition und die allgemeinen WingTsun-familiären Anreden gibt’s auf der Akademie-Webseite unter:
Wer nicht nur traditionelle Regeln befolgen, sondern diese auch verstehen möchte, d.h. den konstruktiven Sinn der traditionellen Hierarchie erkennen möchte, kann sich ja ebenfalls kundig lesen unter:
EWTO-Akademie Koblenz | WingTsun-Kampfkunst & Selbstverteidigung | Sifu Jan-Holger Nahler